Katalogtext aus Wolfgang Robbe - Unterwasserräume Heidelberger Kunstverein 2001. Man meint, das mit hohem photographischen Aufwand gewonnene Abbild eines sonderbaren Freiraumszenariums vor sich zu haben. Blickfang ist ein rechteckiges Wasserbecken, das nahe einer begrünten Wand in eine mit quadratischen Steinplatten belegte und steinernen Sitzbänken bestückte Fläche eingetieft ist. Mehr als die Geländerlosigkeit des bis knapp unter dem Rand mit Wasser gefüllten Pools erregt der Umstand Staunen, daß auf dem blau gefelderten und blau-gelb umrandeten Beckengrund drei Figuren stehen: rot monochromierte, bekleidete Gestalten, denen das Unterwasserdasein offenkundig keine besondere Anstrengung abverlangt. Dem Befremdlichen der Situation widersetzt sich das Glaubwürdige der Schilderung: Das Sonnenlicht sorgt auf den festen Körpern für markante Licht-Schatten-Gliederung, läßt im Wasser zitternde Transparenz- und Brechungseffekte entstehen und bringt den Fliesendekor zum Leuchten; die Struktur und der Bewuchs der rückwärtigen Mauer mischen ihr Spiegelbild in das, was durch das Wasser hindurch sichtbar ist. Den Hinweis auf eine vermutlich museale Beheimatung des Ganzen gibt eine Figur in der rechten unten Bildecke, nämlich Auguste Renoirs Bronze Große Wäscherin von 1917/18. |
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So rasch die artifiziellen Züge der Szene zu erkennen sind: Daß es sich bei der Darstellung nicht um eine Photographie herkömmlicher Art, sondern um ein Computerprodukt handelt, erweist sich erst bei genauerer Prüfung. In der Tat hat man einen alle Raffinessen digitaler Vortäuschung und Verschmelzung nutzenden Phantasieentwurf für den Skulpturengarten der Nationalgalerie in Berlin vor Augen. Die Idee, dieses Areal um ein swimmingpoolartiges Becken zu bereichern, zielt nicht einfach dadurch auf die Erzeugung eines Zustandes der Paradoxie, daß sich museales Ambiente und scheinbare Luxuseinrichtung nicht vertragen wollen. Wichtiger ist, daß das Becken mit seinem Personal einer Sphäre zugehört, die durch das Medium des Wassers wohl an die Realität angekoppelt ist, zugleich aber auf einer Art magischer Autonomie beharrt. Die Oberfläche des Wassers mit ihrer doppelten Bereitschaft, abzuspiegeln und den Durchblick zu erlauben, trennt und verbindet die Welt des Tatsächlichen von der Welt des Imagnierten - einer Welt, in der vertraute Naturgesetze ins Wanken gebracht sind und die eben deshalb der realen Welt unerwartete ästhetische und poetische Potentiale zur Verfügung zu stellen vermag. Der Unterwasserraum für drei Figuren von 2000 gehört zu einer hauptsächlich seit 1998 entstandenen Gruppe von Werken, die Wolfgang Robbe der Kategorie Simulierte Projekte an realen Orten zuordnet. Gemeinsam ist den - nur als digitales Zahlenmaterial und Plotterausdrucke existierenden, aber durchaus auch verwirklichungsfähigen - Arbeiten die Verwendung des Mediums Wasser und der Einsatz von Figuren und Requisiten oder Requisiten allein. Für ein Becken im Garten von Schloß Charlottenburg ist der Tanz im Park gedacht, ein Zweierensemble mäßig bewegter Gestalten, deren einheitliche Rotfassung mit den Blau- und Grüntönen des streifig gefliesten Grundes kontrastiert. Auf einem grauen Grund, dessen helle Musterung an ein Brettspiel erinnert, agieren drei rote Figuren auf dem für Düsseldorf konzipierten Entwurf Ehrenhof, Kleines Gesellschaftsspiel. Ein ähnlich strukturierter Boden mit einem einzelnen roten Läufer findet sich auf der für den Potsdamer Platz in Berlin vorgesehenen Laufzeit, während ein zweiter für diesen Ort bestimmter Entwurf mit dem Titel Stop and Go einen mit einem Zeitlinienraster überzogenen Grund und als Unterwasserrequisit ein blau monochromiertes Auto bietet. Für ein Brunnenbecken im Charlottenburger Garten ist das Environment Unterwasserraum für Schloß Charlottenburg gedacht, das aus einem Tisch und fünf Stühlen besteht - allesamt gelb lackiert und sich so vom hellblauen Boden abhebend. |
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Eine Reihe anderer Arbeiten läßt die Frage nach der Lokalisierung offen, so ein Pool für fünf Stühle und einen Tisch betiteltes Ensemble, welches das zuletzt genannte abwandelt, indem es einen der Stühle ins Trockene nahe dem Beckenrand versetzt, oder die Varianten Pool für Fahrrad und Stuhl und Pool für ein Fahrrad und zwei Stühle, die das Fahrrad jeweils als helle Unterwasserschemen, die Stühle aber in halb eingetauchtem Zustand zeigen, so daß sich bei ihnen Abbild und Spiegelbild zu bizarren Möbelparodien vereinen. Eine witzige Objektdramaturgie regelt die Beziehung zwischen zwei Stühlen, die auf einander überlappenden teppichartigen Ornamentflächen in einem seichten Becken mit rot gewölktem Grund einander gegenübergestellt sind; Pool for Two läßt sich als ein das Erzählerische pontierender Abkömmling einer Brunnenanlage begreifen, die Robbe 1999 als Beitrag zu einem Wettbewerb für den Innenhof des Ministeriums für Technologie und Wirtschaft in Berlin entworfen hat. Bundespool sollte in einem kreisrunden Flachbecken sechzehn Stühle aus mattgestrahltem Edelstahl auf farbig gemusterten Mosaikflächen versammeln. Das im Becken eine ruhige Scheibe bildende Wasser sollte an einer Seite derart in ein Aufprallbecken abfließen, daß der Klang als sonores Rauschen zum Haupteingang des Ministeriums hin abgestrahlt worden wäre. Daß dem - in diesem Fall auch in den Bereich des Akustischen vordringenden - Projekt der Erfolg versagt blieb, hängt vielleicht mit der Angst zusammen, staatliches Wirken auf der Ebene geistreichen Spiel reflektiert zu sehen. Reflexion ist für die besprochenen Arbeiten in doppeltem Sinne bedeutsam: physikalisch als System der Spiegelungen, das von den Eigenschaften des reflektierenden Mediums und den spezifischen Reflexionsumständen, wie den Lichteinfallswinkeln und den Beobachtungsorten, abhängt; philosophisch als Akt des Denkens über Gegenstände der äußeren Welt und das Denken selbst. Die differenzierte sinnliche Wahrnehmung ist für Robbe Voraussetzung für die Einsicht in Bewandtniszusammenhänge, die das visuell Erfahrbare übersteigen. Zunächst sind es freilich das Staunen über bis dahin unbekannte Sach-, Form- und Farberscheinungen, die Faszination durch die mit jedem Schritt und jedem Beleuchtungswechsel sich ändernden Spiegelungs- und Brechungsvorgänge und die Verunsicherung durch die optische Unstetheit des Wassers, die den Reiz der Begegnung mit den Werken ausmachen. Wahr ist, daß die statischen Entwürfe von der Betrachterin und vom Betrachter einige Phantasietätigkeit verlangen, um sich aller diese Wirkungen zu vergewissern. Andererseits haben die zweidimensionalen Ausdrucke, schon auf Grund ihrer Perfektion, ihre eigenen Qualitäten - auch und gerade dort, wo sie nicht auf Trompe-l´oeil-Fiktion zielen, sondern graphisch-abstrakten Momenten ihr Recht lassen. Wie sehr etwa bewährt sich Robbes Sinn für freie und doch in sich schlüssige Form- und Farbkonstellationen in den Entwürfen für Bundespool! Nicht minder wichtig als die sensorische Wahrnehmung ist für Robbe das, was durch sie an geistiger Einsicht möglich wird. Wenn er die Wand, die Wasseroberfläche als Membran, als Haut bezeichnet und davon spricht, man müsse, das flirrende Spiel der Oberfläche durchdringen, ihr einen kurzen Blick auf den Kern entreißen, dann mißt er dem Gegeneinander von realem Raum und Unterwasserwelt den Rang des Symbolischen zu. Nicht die Figuren und Dinge sind letztlich von Belang, die man in der irrealen Sphäre erschaut; vielmehr rückt die Erkenntnis ins Zentrum, daß es eine Trennzone gibt, die Gewohntes von Unbekanntem scheidet - einem Unbekannten, das nach Robbes Verständnis den absolut größten Teil von allem ausmacht. Daß das rationale Instrument des Computers dazu taugt, die symbolische Dimension der Formerfindungen spürbar zu machen, ist so wenig ein Widerspruch, wie es dereinst der Einsatz von Pinsel und Freskofarbe zur Vergegenwärtigung eines barocken Himmels war; viel über Robbes eigene Rationalität sagt allerdings, mit welcher Souveränität er den Computer handhabt. |
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Widerspruchsfrei ist auch Robbes Bestreben, Konzepte der besprochenen Art zusammen mit Architekten zu entwickeln. Für ein Verwaltungs- und Kulturgebäude im südtirolischen Egna hat er im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Architekturbüro HPP einen mit Wasserflächen durchsetzten Eingangsbereich entworfen: einen stegartigen Zugang und benutzbare Ruheinseln mit Blick in die Landschaft, dazu ein auf Inseln gelagertes Restaurant. Durch Spiegelung sollten sich unter dem Einfluß der wechselnden Lichtverhältnisse für die Besucher unendlich viele Perspektiven und Konfigurationen ergeben. Ein anderer, mit dem ersten Preis für den Gesamtvorschlag ausgezeichneter, aber ebenfalls noch unausgeführter Entwurf ist mit dem Projekt des Architekturbüros HPP für einen Erweiterungsbau der Allianz-Versicherung in München verbunden. Gegenstand sind zwei von roten Figuren bevölkerte Unterwasserräume des am Anfang erläuterten Typs, die ihrerseits in ein ausgedehntes Biotopflachbecken eingelassen sind. Die Kombination der seichten Biotopwasserscheibe mit den beiden tiefen Becken sorgt für den Eindruck besonderer räumlichen Komplexität. Man muß, um den Anspruch der neuen Arbeiten Robbes ganz deutlich zu machen, die Entwicklung des Künstlers in Erinnerung rufen. Meine erste Begegnung mit Werken Robbes fand im Jahr 1989 statt. Damals gehörte Robbe zur großen Schar der Bewerber um das Lehmbruck-Stipendium der Stadt Duisburg. Er und Robert Schad erhielten neben dem Italiener Gianpietro Carlesso dieses Stipendium und verbrachten die Jahre 1989/90 im gotischen Duisburger Dreigiebelhaus. Was die Jury an den eingereichten Arbeiten Robbes bewunderte und verblüffte, war die Art, wie Raum als ein beherrschbarer und doch zugleich rätselvoll bleibender Wert thematisiert wurde. Daß es da nicht einfach um einen Illusionismus neuer Prägung ging, sondern um eine profunde Auseinandersetzung mit Wahrnehmungs- und Erkenntnisproblemen, war offenkundig. Robbe hatte in dieser Phase bereits ein ansehnliches Oeuvre vorzuweisen. Noch während des Studiums hatte der Meisterschüler von Erich Reusch mit Arbeiten wie Magisches Auge, 1981 und Ultimo, 1982 auf sich aufmerksam gemacht. Beide Male war Wasser im Spiel, das in einem flachen Bitumenbecken mit blaupigmentiertem Grund Spiegelungen bewirkte und zudem unbestimmbare Tiefe suggerierte; bei Ultimo verkoppelte die Wasserfläche zwei durch einen schmalen Wandschlitz verbundene Räume so, daß sich von einem Raum aus der jeweils andere als ausschnitthaftes Reflexbild darstellte. Dieses Verfahren der virtuellen Raumerweiterung, das stets die Hinterfragung räumlicher Identität einschließt, wurde von Robbe nach verschiedenen Richtungen hin ausgeweitet. Bei der Düsseldorfer Installation Real, 1982 bildete ein Flachbecken mit wolkig-rotem Grund die optisch verwirrende Brücke zwischen zwei Räumen, bei der Installation Kurt Schleuder Gießer empfiehlt, 1983 wurden die Fundamentbereiche der Maschinen einer alten Fabrik für die Implementierung eines kanalartigen Systems von Wasserflächen genutzt; eines der Gebilde, in denen Untergrund zutage kam und in gleichem Zuge durch das spiegelnde Wasser verschleiert wurde, erhielt denn auch den ironischen Titel Canal grande. |
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Auf andere Weise kommt Raumdialektik in einer Gruppe von Arbeiten zum Tragen, die sich im Kern mit Identitätsproblemen befassen. Im Alten Museum Mönchengladbach rüstete Robbe 1985 einen ausgedienten Lagerraum so um, daß durch die Installation Das Lager im Rahmen der Ausstellung Wiedereröffnung Haus Waende eine Vexiersituation begründet wurde. Von der heruntergekommenen Türseite aus sah man in einen properen Raum mit einem frontseitigen gekippten Aluminiumfenster. Dessen Scheibe wurde beim Nähertreten von einem scheinbar den Durchblick gewährenden Fenster zum Spiegel, der aus-schnitthaft das Konterfei der alten Eingangspartie mit den Erinnerungsmarken früherer Nutzer - darunter immerhin ein kleines Braunkreuz von Joseph Beuys - zeigte. Kippfenster kehrten in einer Installation wieder, die Robbe 1986 zum Unternehmen der Chambres damis in Gent beisteuerte. In zwei axial aufeinander bezogene Zimmer einer Villa schachtelte er Partialräume hinein, deren Fenster sich nicht nach außen, sondern in die Ursprungsräume hinein öffneten; ein von einer eingestellten Wand überschnittener Teppich ließ in einem Raum den hohen Grad an Improvisiertheit fühlen, während die - gewichtig von einem uniformierten Aufseher bewachte - Kunstsammlung der Hausbesitzer bis auf den nichtssagenden Rand eines Bildes den Blicken entzogen blieb. Und noch einmal waren quadratische Aluminiumkippfenster an einer Arbeit beteiligt, nämlich an der als begehbare Raumplastik verstandenen Installation Über gestern und morgen I im Wilhelm-Lehmbruck-Museum Duisburg. 1990. Beide Seiten der jeweils symmetrisierend mit Putzrechtecken beschichteten, aber farblich betont links-rechts-akzentuierten Einstellwand waren völlig gleich gestaltet, die gegensinnige Kippstellung der beiden Seiten gemeinsam zugehörigen Fenster tat ein übriges. Beim Umschreiten mußte man - dem Wissen zum Trotz, daß man es mit einer Scheinidentität zu tun hatte - die Orientierung verlieren, und die von Robbe gerne zitierte Formel hier = dort, dort = hier konnte solches Unsicherheitsempfinden nur fördern. Andererseits bot sich dem aufmerksamen Blick Gelegenheit, Abweichungen aufzuspüren, die sich schon aus den feinen Beleuchtungsunterschieden auf beiden Wandseiten ergaben. Auch losgelöst von vorgegebenen Raumstrukturen wurde das Spiel mit simulierten Wandstücken und überraschenden Lichtwirkungen von Robbe bereits früh erprobt. Arbeiten wie Werkstatt im Alltag, 1984-89, Werkstatt in der Dämmerung I, 1984-87 und Über gestern und morgen II, 1990 sind im Prinzip mobile Werke. Was sie neben einer Struktur, die sie als Segmente größerer Wandabläufe erscheinen läßt, verbindet, ist vor allem eine gespaltene Identität, die aus dem Auseinandertreten von physikalisch erwartbarem und fiktivem Befund resultiert. Bei Werkstatt im Alltag wird das tatsächliche Relief einer altmodischen Wandvertäfelung von gemalten Schattenlinien sekundiert, die, wie eine beigegebene Schwarzweizphotographie beweist, einen Beleuchtungszustand willkürlich festschreiben. Bei Werkstatt in der Dämmerung I kommt zur Wandattrappe aus Holz, Putz und Acrylfarbe die irritierende Ausdeutung durch eine kleines, auf diesen Grund montiertes Farbphoto, das das Ganze bei schwachem Licht, aber mit dem hellen Reflex eines Fensters wiedergibt. Über gestern und morgen II besteht aus einem drei Meter langen Flachrelief, das auf dem Wege über ein Silikonkautschuknegativ einen Wandabschnitt von Robbes damaligem Duisburger Atelier in Glasfibermaterial nachahmt. Wie ein Bild gerahmt und verglast, gibt diese weiße, backsteingerasterte Fläche in der Mitte durch ein schmales Fenster den Blick auf ein zweites Relief gleicher Art frei, das, wie ein Türspion vermuten läßt, seinerseits eine tiefere Raumschicht abdeckt. Der Sachverhalt verwickelt sich weiter, weil vor der hinteren Ebene der Rand eines Bildes zu sehen ist, vor allem aber, weil Reflexe auf dem frontseitigen Glas den Verdacht wecken, es könne sich um gemalte Informationen im Fensterausschnitt handelt - ein Verdacht, der bei näherer Prüfung in sich zerfällt. Gesichtssinn und Verstand sind hauptsächlich von den Arbeiten gefordert, bei denen faktische und fiktive Licht-Schatten-Wirkungen miteinander konkurrieren. Das genannte Objekt Werkstatt im Alltag ist ein Beispiel, dem sich vertracktere an die Seite stellen lassen. Reflektor, modifiziert, 1991 ist ein schmales vitrinenartiges Objekt, das den Ausschnitt einer Zimmerecke vortäuscht; unterschiedliche Helligkeit der beiden symmetrischen Wandstreifen und ein gemalter Lichtreflex auf dem rechten stiften den Eindruck einer ganz bestimmten Beleuchtungssituation. Daß diese mit der tatsächlichen nicht über-einstimmt, wird schon durch das Spiel der Reflexe auf der schräggestellten Frontscheibe augenfällig gemacht. Auf die Frontverglasung verzichtet ist bei Eckobjekten wie Oben = Unten, Reflektor, modifiziert, 1993. Hier ist es allein der luministischen Malerei überlassen, eine optische Gegebenheit zu behaupten, die gegen die wirklichen Verhältnisse argumentiert und sich doch mit diesen Verhältnissen abzufinden hat. |
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Übereckgestellte Kantenstücke vereinen sich in dem achtteiligen Wandobjekt Multipolarer Vierfarbenwechselgenerator, Reflektor modifiziert, 1992 zu einer Serie mit eigentümlicher Doppelverfassung. Die Prismen sind vertikal und horizontal hälftig jeweils so in den druckereispezifischen Farben der CMYK-Skala bemalt, daß eine umkehrbare Sequenz entsteht: Auf den Kopf gestellt, ergäbe sich das gleiche Bild. Das heißt aber, daß die Schattenseiten - die sich in Wahrheit nur der Abdunkelung der Farbtöne verdanken - einander spiegelsymmetrisch antworten und folglich logisch widersprechen. Gemalte Schatten machten auch die Besonderheit einer Architekturplastik aus, die Robbe 1991 unter dem Titel Fußgängerzonenkapelle im Zentrum von Hannover und 1992 in etwas veränderter Form als Sydney Harbour Chapel nahe dem Museum in Sydney zeigte. Die jeweils rechte, mit einer Ruhebank versehene Seite eines Wandkreuzes mit vier identischen Armen war dunkler als die linke gehalten, mit der Folge, daß man im vermeintlichen Schatten nur dann die erhoffte Abkühlung fand, wenn dieser sich zufällig mit dem Stand der Sonne einig war. Eine optische Verwirrtaktik mit derartigen versteckt-aggressiven Zügen ist bei Robbe zugegebenermaßen die Ausnahme. Das Verfahren der Neugiererzeugung bei gleichzeitiger Versagung (oder allenfalls restriktiver Gewährung) der Neugierbefriedigung, wie es für Das Lager oder Über gestern und morgen II diagnostiziert wurde, gilt auch für Blick in die Sammlung Kaiser, 1989, ein zweiteiliges Ensemble, auf dessen linker Seite ein Bild nicht mehr als seinen Passepartoutrand enthüllt, während rechts ein Spion, der unsichtbar mit einem Spiegel hinterlegt ist, zur Begegnung mit der eigenen Pupille verhilft. Bei der von Robbe in unterschiedlicher Anordnung - beispielsweise 1987 unter dem Titel Vis à vis im Musée St. Denis in Reims und 1989 im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf - ausgestellten Installation Stilleben, fließend, 1982ff. führt der Blick durch die in fünf gleichartigen Wänden mittig angeordneten Spione jeweils zur Wahrnehmung eines verzerrten und unnatürlich distanzierten Dahinter. Komplexer und für die weitere Entwicklung Robbes wichtiger als diese Arbeiten sind jene, die auf den Summeneffekt von Licht-Schatten-Trompe-l´oeil und realer Spiegelung setzen. Die Komposition dur-moll I und die um ein kleines Bildinsert bereicherte Komposition dur-moll II, beide mit dem Nebentitel Reflektor, modifiziert ausgestattet (1995), desgleichen das Objektpaar Reflektorzone, modifiziert in der Fachhochschule des Bundes in Brühl (ebenfalls 1995), teilen miteinander den Habitus eines metallgerahmten und verglasten Stücks blauer Wand mit tiefrotem Sockel. Was man prima vista nicht für einen Bestandteil der auf Latexputz aufgetragenen Malerei hält, sondern für flüchtige Erscheinungen auf dem Frontglas, sind eine Reihe von Schattenstreifen und Fensterreflexen. Genaue Betrachtung lehrt einen, daß es sich eben doch um fixe Elemente handelt, Elemente, die in einem selbstverständlichen Austausch mit den - vom Betrachtungspunkt und von den augenblicklichen Beleuchtungsbedingungen abhängigen - optischen Ereignissen auf den teilreflektierenden Glasflächen stehen. |
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Die gleichzeitige Teilhabe an fiktionsreicher Bildhaftigkeit und instrumentaler Dienstbarkeit ist für eine Werkgruppe kennzeichnend, in der viele ältere Erfahrungen aufgearbeitet sind. Ob es um Bilder auf herkömmlichen Trägermaterial geht oder um Bilder, die sich Möglichkeiten der Hinterglasmalerei zunutze machen: Immer gilt, daß das Spiegelungsvermögen des Wassers gleichsam in die Malerei selbst verlegt ist. Wasserecke, 1998 repräsentiert die technisch besonders aufwendige Gruppe. Dargestellt ist in Schrägdraufsicht die Ecke eines Raumes mit wasserbedecktem Boden, in dem sich eine in einen dunkleren Raum führende Türöffnung reflektiert. Die Situation ruft die Installation Real von 1982 in Erinnerung, nur daß jetzt die Malerei übernimmt, was früher das physische Medium Wasser zu leisten hatte. Mehrere Acrylschichten sitzen auf und hinter einer mit Holz unterfangenen Acrylglasscheibe; zum Teil sind sie transparent, zum Teil glänzend und damit selbst spiegelnd, zum Teil (wie im Bereich des weißen Putzes) matt und undurchsichtig. Mit der Sorgfalt eines Hyperrealisten sind die Formen und Farben artikuliert. Der Eindruck ist allerdings weniger der eines Abbilds als eines die Wirklichkeit vollendet nachstellenden Konstrukts. Ein Gegenstück zur blaugrüntonigen Wasserecke ist die von Rot dominierte Wasserecke II, 2000. Da bei ihr die Acrylglasschicht fehlt, bleibt die Aufgabe der Einfangung äußerer Reflexe der - quantitativ überwiegenden - Zone überlassen, in der die Farben hochglänzend aufgetragen sind. Dem Typ des mit Hinterglaseffekten arbeitenden Bildobjekts gehören Werke wie Pool, mehrere Varianten, 1997 und Pool, begehbares Licht, 1998 zu, außerdem Unterwasserraum, Figur - wartend und Pool - Haus hinter Spiegeln: zwei trapezoidale Kompositionen innerhalb eines neutralen - nämlich mit eintöniger opaker Farbe bestrittenen - Umfelds (1998). Dem zweiten Typ sind Werke wie Unterwasserraum mit Eingang und Inselstück - beide 2000 - zuzurechnen. Erwähnenswert ist, daß Robbe die Hinterglastechnik für sich bereits in der Zeit des Akademiestudiums entdeckt hat; man vergleiche das Gemälde Pool von 1983. Entsprechend hat auch das Konzept von Unterwasserräumen mit Figuren und Objekten eine bis in die achtziger Jahre zurückreichende Vorgeschichte. Das Bauprojekt Unterwasserräume: Zwei Becken für ein Paar, das zwei Pools mit schachbrettgemusterten Böden und jeweils einer Figur bietet, wurde 1985 erstformuliert und 1995 überarbeitet; gedacht war an eine räumliche Zuordnung der durch die Blickrichtung ideell verbundenen Personen und an eine mögliche Lokalisierung auf Plätzen in öffentlichem Raum oder teils in einem Gebäude, teils außen. |
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Daß das Thema des Unterwasserraumes für Robbe in den letzten Jahren so sehr an Bedeutung gewonnen hat, hängt einmal mit dem Verfügbarwerden des Gestaltungswerkzeugs Computer zusammen, zum anderen mit des Künstlers Bedürfnis, stärker in der Öffentlichkeit und für die Öffentlichkeit zu wirken. Dieses Bedürfnis war natürlich im-mer da und war der Antrieb für Aktionen wie Slalom - einem 1987 zusammen mit Heike Pallanca inszenierten Spiel, bei dem es um die Inbetriebnahme einer fiktiven Galerie dieses Namens am Düsseldorfer Burgplatz ging - und für Folgeunternehmungen mit Tretrollereinsatz in Hamburg, 1988, Tielt in Belgien, 1989 und im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf, ebenfalls 1989. Auf intimere Weise macht sich das Veröffentlichungsinteresse in Arbeiten wie Reflektorbereich überall A), B) 1986-90 geltend, einem Wandobjekt in der Art von Werkstatt in der Dämmerung, auf dem rechts eine Halterung für Postkarten sitzt; letztere zeigen nichts anderes als eine Photographie des Objekts selbst, eingetaucht in warmes Licht und vermehrt um einen Fensterreflex. Das herausnehmbare und in größerer Zahl verbreitbare Bild im Bilde - also die Postkarte - erweist sich als tautologische und zugleich die Wirklichkeit poetisch überhöhende Variante des Bildes. Zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Zeilen plant Robbe für den Heidelberger Kunstverein ein auf die besondere Heidelberger Raumsituation Bezug nehmendes Werk ähnlichen Charakters, das dann zu einem Dauerelement eigener Öffentlichkeitsarbeit werden könnte. Wolfgang Robbes künstlerische Entwicklung überzeugt durch Folgerichtigkeit und Stimmigkeit. Daß es Robbe bei aller Lust am Ästhetischen, mitunter auch am Virtuosen, im Kern um ernste Dinge geht, sollte deutlich geworden sein. Seine Arbeit, bemerkt der Künstler in einem Brief, sei der ständige Versuch, eine mit den Sinnen erfahrbare Poesie der durchdrungenen Oberfläche und der unendlich vielen Relationen herzustellen; und er fügt hinzu: das betrifft besonders das Verhältnis des Menschseins mit all seinen Implikationen. Wichtiger als zu ermitteln, in welchem Umfang Robbe an Tendenzen gegenwärtiger Malerei, architekturbezogener dreidimensionaler Kunst, installativer und performativer Kunst und nicht zuletzt computergenerierter Kunst teilhat, scheint mir die Bekräftigung des Hinweises auf das kognitive Potential seines Ansatzes. Die von Robbes Werken ausgehende Einladung zu subtiler Wahrnehmung ist immer auch ein Appell, Welt genauer zu verstehen. |
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